Beata Kornatowska: Mein Forschungsaufenthalt in Münster

Von Beata Kornatowska

Am 24. und 25. Oktober 2024 nahm ich an der Tagung „100 Jahre Hörspiel – Die Anfänge der radiophonen Literatur in der Weimarer Republik“ teil. Weil viele Hörspiele aus dieser Zeit nur fragmentarisch erhalten oder lediglich als Manuskripte überliefert sind, entbrannten lebhafte Diskussionen: Gemeinsam imaginierte man verlorene Klangräume und reflektierte deren poetische sowie mediale Dimensionen. Zwischen inspirierenden Vorträgen, kollegialen Pausengesprächen und entspannten Spaziergängen durch den Botanischen Garten entstand eine offene Atmosphäre des forschenden Austauschs. Diese intensive Erfahrung weckte in mir den Wunsch, tiefer in Quellen, Theorien und Kontexte eines Gebietes einzutauchen, das neben wissenschaftlicher Expertise auch Vorstellungskraft erfordert, um fehlendes akustisches Material gedanklich zu rekonstruieren.

Diesen Wunsch konnte ich kurz darauf erfüllen – während meines Forschungsaufenthalts vom 16. bis 25. Juni 2025 an der Forschungsstelle für Phonopoetik. Der Aufenthalt wurde durch die Einladung von Prof. Dr. Britta Herrmann ermöglicht und durch das Exzellenzprogramm ID-UB der Adam-Mickiewicz-Universität Poznań gefördert – dafür gilt mein herzlicher Dank.

Während meines Aufenthalts profitierte ich von Arbeitsbedingungen, wie wir Auslandsgermanist*innen sie nur selten genießen: eine hervorragend ausgestattete Spezialbibliothek, Audioquellen, eine interne Datenbank sowie engagierte Mitarbeiterinnen der Forschungsstelle, die bei fachlichen wie technischen Fragen stets hilfsbereit waren. Im Zentrum meiner Arbeit stand „Leben in dieser Zeit“ (1929), eine Funk-Suite von Erich Kästner (Text) und Edmund Nick (Musik), produziert von der Schlesischen Funkstunde in Breslau. Der Aufenthalt ermöglichte es mir, das Werk in seiner Komplexität zu erschließen: Manuskript, Klavierauszug, die rekonstruierte Fassung der Suite sowie funkhistorisches Wissen und aktuelle Forschungstheorien in einen produktiven Dialog zu bringen. Poetische Ausflüge in die Vergangenheit – etwa das Anhören von Kästners eigener Lesung eines zugrunde liegenden Gedichts und anderer Klangdokumente aus der Zeit um 1929 – sowie die Sichtung visionär-pragmatischer Programmschriften rundeten die Arbeit ab.

Der Aufenthalt in Münster hat meine Forschung auf vielfältige Weise bereichert: Ich konnte Hypothesen prüfen, Analyseergebnisse kontextualisieren und theoretische Reflexionen vertiefen. Ergebnisse und Befunde zu „Leben in dieser Zeit“ fließen in meinen Beitrag für den geplanten Tagungsband ein. Darüber hinaus begleiten mich neue Fragen und Projektideen. Münster klingt nach – als Archiv, Denkraum und Resonanzboden weiterer Forschung.

Beata Kornatowska. Quelle: Privat


OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
redaktionphonopoetik (10. Juli 2025). Beata Kornatowska: Mein Forschungsaufenthalt in Münster. Phonopoetik. Abgerufen am 16. November 2025 von https://doi.org/10.58079/14bgo


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